Die Wahre Bedeutung von Musks Hitlergruß
..wie ein Symbol die verborgene Totalität unserer Zeit enthüllt...
Es ist genau dieselbe Diskussion, die vor vielen Jahren aufkam, als ich über das Logo des „Vlaamse Canon der Letteren“ sprach. Auf dem Gebäude, das Leopold geschenkt wurde, sehe ich im Logo ein Hakenkreuz. Immer noch.
Marc van Oostendorp reagierte darauf. Entweder hatte er wirklich sehr schlechte Augen – was ich bereit bin zu glauben –, doch seine Kernbotschaft war: „Das war nicht so gemeint, und deshalb ist es auch nicht so.“
An dieser Stelle trennen sich unsere Wege. Was Elon Musk mit seinem Gruß „meinte“, spielt absolut keine Rolle. Und dann gibt es noch Leute, die mit anderen zweifelhaften Politikern wie Hillary Clinton daherkommen, die denselben Gruß machen, als ob das beweisen würde, dass es kein Nazi-Gruß sei, „weil die es auch gemacht haben“.
Mitnichten! Es beweist vielmehr, dass wir in einem System leben, das nur vage an eine Demokratie erinnert, aber im Hintergrund totalitär ist.
Und apropos Kongo: Wusstet ihr, dass es die NATO selbst war, die SS-Angehörige in die grausamen, rassistischen Massaker dort verwickelte? Schaut euch das ruhig mal selbst an:
Natürlich könnten wir so tun, als wäre das eine Nebensache. Aber warum sollte das eine Nebensache sein? Und für wen ist das eine Nebensache?
Wenn ich ein Hakenkreuz sehe, nenne ich es ein Hakenkreuz. Wenn ich dieses Hakenkreuz auf einem Gebäude sehe, das Leopold, der Kriegsverbrecher, irgendwelchen Professoren schenkte – die offenbar so stolz darauf sind, dass es ins Logo gehört – tja. Ich finde das abscheulich. So abscheulich, dass ich keinen Buchstaben mehr von diesen Leuten lesen will, geschweige denn ihre Zensurspielchen ertragen kann. Und diese Leute sollen die literarische Kanonbildung bestimmen? Brrr.
Nein, ein Hitlergruß bleibt ein Hitlergruß. Was du „damit meinst“, ist völlig irrelevant. Dass viele amerikanische Politiker regelmäßig solch einen Gruß machen, überrascht mich nicht, bedeutet aber nicht, dass dieser Gruß zu einem inhaltslosen Symbol wird.
Dies führt uns zu einem fundamentalen Problem der symbolischen Macht und ihrer Interpretation. Symbole sind keine neutralen Entitäten. Sie sind Zeichen, die durch ihre historische Verwendung, ihre Kontexte und ihre Auswirkungen aufgeladen werden. Die Aussage „Das Schwarz und Weiß ist kein Beweis“ aus Laibachs „Geburt einer Nation“ könnte hier nicht treffender sein. Es ist nicht das Vorhandensein eines Symbols, das es beweist oder widerlegt, sondern der Kontext, der es formt. Doch genau diese Kontextualisierung wird in Debatten oft ignoriert – absichtlich oder aus Unwissenheit.
Der Philosoph Slavoj Žižek argumentiert, dass Ideologie oft dort funktioniert, wo sie nicht als solche erkannt wird. Das Hakenkreuz auf einem Logo oder der Hitlergruß in einer politischen Geste werden entpolitisiert, indem sie als „Missverständnis“ oder „Zufall“ abgetan werden. Aber wie Žižek betont, ist das eigentliche Problem nicht, was gesagt wird, sondern was nicht gesagt wird. Es ist das Schweigen, das diese Symbole in ihrer Wirkung festigt.
In der Psychologie, insbesondere in der von Carl Jung inspirierten archetypischen Analyse, wird deutlich, dass Symbole eine tief verwurzelte Kraft haben, die unser kollektives Unbewusstes anspricht. Ein Symbol wie das Hakenkreuz ist nicht einfach ein beliebiges grafisches Element. Es ist eine Manifestation von Macht, Gewalt und Ideologie, die sich in die Psyche eingebrannt hat. Es zu entleeren, es „neutral“ zu nennen, ist ein Akt der Verdrängung – eine Weigerung, sich der historischen Realität zu stellen.
Die Frage bleibt: Wer profitiert davon, Symbole zu entschuldigen? Wer profitiert davon, sie als „Nebensache“ darzustellen? Die Antwort liegt in den Machtstrukturen selbst. Denn ein System, das solche Symbole duldet, beweist nicht seine Neutralität, sondern seine Bereitschaft, die Geschichte zu verzerren, um seine eigene Macht zu erhalten.
Nein, von diesem Kanon der Lachenden Männer möchte ich verschont bleiben. Und das wird auch geschehen, denn mit der Dichtkunst aufzuhören ist die einzig sinnvolle Protesttat, die man angesichts so viel stumpfsinniger Gewalt ausführen kann.
Das Ende dieses Gedankens ist nicht Resignation, sondern eine Form des Widerstands, die die tieferen Mechanismen einer totalitären Ästhetik entlarvt. Denn das Schweigen des Dichters inmitten einer Welt, die Sprache und Symbolik für Gewalt und Unterdrückung missbraucht, ist kein Zeichen der Kapitulation. Es ist ein Schrei, der lauter ist als Worte.
Das bewusste Zurückziehen, das Verweigern des Mitspielens in einem System, das sich hinter Symbolen versteckt und diese mit stumpfen Erklärungen entwertet, bedeutet nicht das Ende des Denkens oder Fühlens. Es bedeutet, Raum zu schaffen – für einen neuen Anfang, für eine Sprache, die nicht korrumpiert ist. Vielleicht wird der Dichter, der schweigt, eines Tages zurückkehren. Aber bis dahin bleibt das Schweigen selbst ein Mahnmal.
Martinus Benders, 23-01-2025